Amerika – was machst du nur? Heerscharen von jungen Menschen gehen jedes Jahr in die USA, um dort zu studieren, zu arbeiten oder zu reisen. Die College Sweater wurden einst mit Stolz getragen. Und jetzt das!
Die US-Wahl im November 2024 brachte für viele eine Überraschung. Donald Trump kehrte nach einer Verschnaufpause von vier Jahren zurück ins Amt. Seitdem hält die Welt den Atem an. Die Frage steht täglich im Raum: Was wird sein nächster Schachzug sein?
Einige Tage nach der Wiederwahl am 5. November 2024 war ich noch sehr zuversichtlich, dass das amerikanische Volk nichts zu befürchten hat. In einem Kommentar für Lausitzwelle und Wochenkurier glaubte ich, dass die Demokratie in den USA stabil ist und auch bleiben wird. Doch seit der Vereidigung im Januar 2025 gerät mein Optimismus ins Wanken. Wie lange wird die US-Demokratie diesem Donaldschen Dauerbeschuss noch standhalten?
Schulden sind dann notwendig, wenn die Investitionen, die sie finanzieren, uns morgen noch höhere Schulden ersparen. Oder wenn die Gelder nötig sind, um uns heute aus einer aktuten Notlage zu befreien. Eine Notlage, die wir heute nicht bekämpfen können, hätte Folgen, die weit schlimmer wären, als die Rückzahlungen der aufgenommenen Schulden. Beispiele dafür wären der Verlust von Freiheit, Demokratie oder die irreversible Zerstörung unserer Lebensgrundlagen in Form toter Wäldern, ausgelaugter Ackerböden oder umgekippter Seen und Flüsse.
Schulden aufzunehmen ist daher immer eine Abwägung von Schaden und Nutzen, von akuter und zukünftiger Notlagen. Das weiß jeder, der sich einmal Geld geborgt hat. In manchen Fällen sind die Kredite überlebensnotwendig und nicht einfach Prasserei aus Gier und Bequemlichkeit.
Ergo: Schulden generell abzulehnen, macht überhaupt keinen Sinn. Das Argmument, wir schadeten damit immer der jüngeren Generation, ist absurd.
Der Besuch des Bundespräsidenten in der Lausitz im Rückblick und was die Gesellschaft jetzt und künftig zusammenhält.
„Wir leben in stürmischen Zeiten“. „Viele sind in unserem Land verunsichert.“ Das sind Sätze aus der ersten Antrittsrede des Bundespräsidenten vom 12. Februar 2017. Frank-Walter Steinmeier fragt damals schon, was ist eigentlich der Kitt, der unsere Gesellschaft im Kern zusammenhält?
Fast schon ein Goethe Spruch! Aber die Frage nach diesem Kitt und wie dieser zu bewahren ist und zu erneuern gilt, das ist es, was den Bundespräsidenten seit seiner Wahl umtreibt. Fortan etabliert er das Format der „Kaffeetafel kontrovers“, um mit mehr oder weniger zufällig ausgewählten Menschen in lockerer Runde ins Gespräch zu kommen.
Foto Steffen Rasche Kaffeetafel kontrovers mit Senftenbergern und dem Bürgermeister von Senftenberg Andreas Pfeiffer (CDU). Zu Beginn noch in Anwesenheit der Presse.
Fünf Jahre später am 13. Februar 2022 nur wenige Tage vor dem Angriff Russlands auf die Ukraine wird Herr Steinmeier wiedergewählt. Er beschwört in seiner Rede den Dialog und wendet sich direkt an den russischen Präsidenten Wladimir Putin. „Suchen Sie mit uns einen Weg, der Frieden in Europa bewahrt!“
Das Staatsoberhaupt zum Anfassen
Die Suche Putins war aber der militärische Sieg über die Ukraine. So dass in diesem Fall die Einladung von Herrn Steinmeier ins Leere lief. Aber die Menschen in Deutschland nehmen sein Angebot dankbar an. Mittlerweile gibt es nicht nur ein Kaffeekränzchen mit ihm, sondern drei Tage den Bundespräsidenten in der eigenen Stadt zum Anfassen. Das ist der Sinn der „Ortszeit Deutschland“. Nicht eine Sendung im Westdeutschen Rundfunk, sondern Tage auch für das Staatsoberhaupt, die er mit den Bürgerinnen dieses Landes verbringen kann – weg von Berlin und den üblichen Amtsgeschäften.
Seit 2022 hat er 14 solcher Reisen in alle Regionen Deutschlands unternommen. Die aktuelle Reise führt ihn in diesen Tagen nach Stadtallendorf in Mittelhessen, einer Stadt mit 22.000 Einwohnerinnen und damit vergleichbar mit der von Senftenberg. Dort weilte er vom 9. bis 11. Mai 2023.
Die See-Metropole in der Lausitz.
Bei seinem Besuch in Senftenberg hatte er den vorübergehenden Amtssitz in ein kleines Hotel mit Denkmal geschützter Fassade am Rande der Fußgängerzone verlegt. Lokale Medien und die Mund-zu-Mund Propaganda ließen immer wieder Menschen zum Hoteleingang kommen, um einen Brief oder Geschenk für den Bundespräsidenten zu übergeben. Das Sicherheitspersonal nahm es entgegen.
Eine Kaffeetafel mit 14 Bürgerinnen
Foto Steffen Rasche Teilnehmende der Kaffeetafel im Parkhotel in Senftenberg im Rahmen der Ortszeit Deutschland vom 9. bis 11. Mai 2023
Die Gruppe, die am zweiten Besuchstag in Senftenberg zur Kaffeetafel kam, war bunt gemischt: Anhänger von der AfD bis zur Linken, Zugezogene, Geflüchtete, Handwerker, Kindergärtnerinnen oder Unternehmerinnen oder andere wie ich. Unter dem Eindruck des Krieges ging es sehr stark um die Frage, inwieweit Deutschland mit seiner finanziellen und militärischen Unterstützung für die Ukraine den Konflikt nur unnötig verlängere, da die Ukraine den Krieg gegen Russland sowieso nicht gewinnen kann. Es gab fast keine Stelle, wo Herr Steinmeier die Contenance verlor – außer bei dieser Behauptung. Er stellte außerdem klar, dass es die russische Regierung sei, die wiederholt gegen Abkommen verstoßen habe.
Neue Jobs sind nicht die alten
Aber ansonsten versuchte er mehr zuzuhören als zu reden. Da er mich nach meiner Einschätzung zur Situation in der Lausitz fragte, beschrieb ich, dass die neuen Arbeitsplätze, die hier mit finanzieller Hilfe der Bundesregierung entstünden, nicht diese seien, die durch den Umbruch wegfielen. Denn es entstehen Jobs für Studierte, für Ingenieurinnen, Mediziner und Techniker. Aber die Industriearbeitsplätze von früher sind das nicht und daher müssen Menschen eben doch wandern – von hier wegziehen und neu hierherziehen. Dadurch entstehe eine Unruhe.
Bundespräsident Steinmeier erhält von mir mein aktuelles Buch „Projekt Klimaschutz“.
Er hat das nicht kommentiert, weil gleich andere etwas ergänzten, was davon wegführte. Zum Ende fragte ich ihn zurück, was denn für ihn wichtig sei. Er sagte, dass er es schön fände, wenn dieses Format auch ohne ihn in Senftenberg fortbestehen könnte. Wenn also Bürgerinnen und Bürger aus ganz unterschiedlichen sozialen Schichten, ethnischen Herkünften und Berufs- und Altersgruppen sich treffen und respektvoll im Umgang miteinander diskutierten.
Gespräche sind das Gegengift
Es geht unserem Bundespräsidenten um den Austausch über alle Grenzen hinweg. Das ist dabei völlig klar geworden. Das ist seine Antwort auf die Frage von vor 8 Jahren. Der offene, umgänglich geführte Austausch ist der Kitt, der unsere Gesellschaft im Kern zusammenhält. Gespräche sind das Gegengift zu einem Zerbröseln der Gesellschaft. Sie können dort heilen, wo sich Gruppen verkapseln, in Nischen zurückziehen und den Austausch blockieren. Dann wirken sie als Gegengift gegen Spaltung und Feindschaft.
Der Dialog mit demokratischen Regeln geführt ist entscheidend für den inneren aber auch für den äußeren Frieden. In einer Zeit, in der Europa seit drei Jahren Krieg erlebt, die NATO als Schutzschild in Frage steht, braucht es mehr Zusammenhalt in Europa und vor allem auch innerhalb Deutschlands. Eine Gesellschaft, die innerlich auseinandertreibt, wird zur leichten Beute für den Angriff von außen – sei es medial oder militärisch. Dann ist der Kitt dahin.
Europa, das heißt im dem Fall die Europäische Union, stellt sich zwar wieder zu Wahl. Aber eine breite Unterstützung für eine starke EU sollte selbstverständlich sein. Ist es so?
Am Sonntag wird das Europaparlament gewählt, aus deren Vertreterinnen und Vertretern sich die neue EU-Kommission zusammensetzen wird. Aber nicht alle sind Europa begeistert, viele sind Europa kritisch.
„Verteidigt Europa! Europa ist in Gefahr!“ rief der französische Staatspräsident Emmanuel Macron letzte Woche in Dresden den Bürgerinnen und Bürgern vor der Frauenkirche zu.
Wenn etwas gut ist, merken wir es oft nicht. Erst wenn ein guter Zustand vorbei ist, vermissen wir ihn, und merken erst im Rückblick, was für ein Glück wir hatten. In Bezug auf Europa sind wir wirklich unser Glückes Schmied.
Sind wir neutral gegenüber dem Klima? Oder das Klima gegenüber uns, der Menschheit? Ist es ein Unentschieden zwischen uns und dem Klima?
Foto verändert nach Pixabay.
Das Wort kommt aus der Klimawissenschaft und bedeutet ganz allgemein gesprochen, dass die Temperatur nicht weiter ansteigen wird.
Bei einem Zustand der Klimaneutralität sind CO2-Ausstöße in undCO2-Entnahmen aus der Atmosphäre ausgeglichen.
CO2-Ausstöße oder Emissonen und CO2-Entnahmen halten sich die Waage und damit erhöht sich die CO2-Konzentration in der Atmosphäre nicht weiter. Sie bleibt konstant und damit die durchschnittliche globale Lufttemperatur.
Erläuterung: CO2 = Kohlen(stoff)dioxid. Das wichtigste Treibhausgas, auch Klimagas genannt. Je mehr CO2 in der Luft, desto höher steigt die globale durchschnittliche Lufttemperatur an.
Ergänzung: Der Begriff Netto-Null-CO2-Emissionen oder auf Englisch net-zero-CO2-emissions ist mit dem Begriff Klimaneutralität verwandt.
Der Begriff Netto-Null-CO2-Emissionen hat meist einen kleineren Bezugsrahmen. Er bezieht sich auf einen Staat oder ein Unternehmen, die jeweils für die Berechnung der CO2-Ausstöße und CO2-Entnahmen in definierten Bilanzgrenzen zuständig sind. Die Ein- und Ausgaben werden wie in einer Buchhaltung gegeneinander aufgerechnet und dann innerhalb der Unternehmens- oder Landesgrenzen bilanziert also gegenübergestellt. Netto-Null wäre ein Plus und ein Minus, die sich gegeneinander ausgleichen.
Während der Begriff Klimaneutralität immer auf die globalen CO2-Emissionen und -Entnahmen Bezug nimmt. Deswegen werben manche Hersteller mit klimaneutralen Produkten.
Allerdings sind Begriffe wie „klimaneutrale Schokolade“ oder „klimaneutrales T-Shirt“ schwer bis gar nicht zu überprüfen. Denn dann müssten für alle CO2-Ausstöße, die mit der Produktion des T-Shirts verbunden sind, irgendwo auf der Welt die gleiche Menge an CO2-Entnahmen erfolgt sein. Etwa in Form von CO2-Gutschriften, die wie Entnahmen gerechnet werden, aus zertifizierten Klimaschutzprojekten. Es müssten dann nachweislich CO2-Gutschriften in gleicher Höhe wie die CO2-Ausstöße aus der T-Shirt Produktion gekauft worden sein.
Allerdings ist das Geschäft mit CO2-Gutschriften nicht unabhängig zu kontrollieren. Das heißt, dass CO2-Gutschriften etwa aus Aufforstungsprojekten oft schön gerechnet werden. So viele CO2-Entnahmen, die verkauft werden, sind gar nicht mit der Photosyntheseleistung (Bindung von CO2 aus der Luft durch die Pflanzen) der Bäume erreicht worden. Schon gar nicht lässt sich die Angabe durch uns Käuferinnen und Käufer auf den so genannten „klimaneutralen“ Produkten überprüfen.
Quelle der Information: Weltklimarat, IPCC, Synthesebericht AR 6, 2023.
Die Vorteile einer Kreislaufwirtschaft im Vergleich zu einer linearen Wirtschaft oder Wegwerfgesellschaft sind sofort einleuchtend. Dennoch entfalten sich die Chancen erst allmählich.
Ein Nachklapp zur ersten Circular Economy Veranstaltung des Handelsblatts vom 6. und 7.2.2024 in Düsseldorf mit dem Untertitel Reverse Thinking.
Bei der Konferenz des Handelsblatts zur Circular Economy, Englisch für Kreislaufwirtschaft, beschreiben Unternehmer und Unternehmerinnen, wie sich in ihrem Alltag ein neues Denken entwickelt. Um das Konzept der zirkulären Wertschöpfung umzusetzen, müssen Geschäftspartner und Geschäftspartnerinnen ganz am Anfang und ganz am Ende der Wertschöpfungskette sich vernetzen. Das sind zum einen die Firmen, die die Rohstoffe fördern, um die Vor- und Zulieferprodukte herzustellen. Das sind zum anderen die Firmen, die die Produkte am Ende der Nutzung entsorgen. Wenn diese Prozesse verbunden werden, schließt sich der Kreis.
Was brauchen also diese Partner, welche Potenziale sehen sie, um gemeinsam ein Produkt zu entwickeln, das künftig im Kreis gehalten und wiederverwertet werden kann? Wie muss es gleich zu Anfang entworfen werden und welche Entsorgungsschritte braucht es, um die Wertstoffe darin zu erhalten, statt sie mit dem Produkt zu verbrennen oder auf eine Deponie zu bringen. Kreislaufwirtschaft fördert ein Denken über den eigenen unmittelbaren Tellerrand hinaus.
Deutschland ist ein rohstoffarmes Land – bezogen auf fossile Rohstoffe und Metalle für die Energiewende. Aber bezogen auf das Material, was hier in Deutschland verbaut und benutzt wird, ist Deutschland rohstoffreich. Diese Wertstoffe, die sich im Nutzungsumlauf befinden, wie Elektroautos, T-Shirts oder gebrauchte Haushaltsgeräte gilt es als Sekundärrohstoffe zu gewinnen.
Sekundärrohstoffe sind die wiedergewonnenen Rohstoffe, die in einer Kreislaufwirtschaft nun als Werte neu definiert werden. Um sie zu gewinnen, sind neue Technologien für das Sammeln, Rückführen, Sortieren und Recyceln notwendig. Auch die Digitalisierung wird bei der Kennzeichnung, Zurückverfolgbarkeit und der Neusortierung von werthaltigen Materialien helfen.
Kreislaufwirtschaft macht die eigene Wirtschaft unabhängiger von globalen Lieferketten. Denn die Rohstoffe aus den gebrauchten Produkten werden in neue oder die gleichen Kreisläufe wieder zurückgeführt. Das stärkt die Widerstandsfähigkeit gegenüber unsicheren globalen Lieferketten, die zunehmend von Naturkatastrophen und regionalen Kriegen bedroht sind.
Um die Waren länger oder mehrfach zu gebrauchen, können sie an mehrere Kunden und Kundinnen nacheinander vermietet werden. Wenn der erste Nutzer sich für eine neue oder andere Ware entscheidet, gibt er sein Auto oder seine Kaffeemaschine wieder an den Hersteller zurück. Die Ware bleibt im Besitz des Herstellers. Dieser ist dann dafür verantwortlich, die Ware zu reparieren, wieder einzusammeln und zu verwerten. Das erhöht die Kundenbindung und stärkt regionale Firmen, als direkte Servicepartner vor Ort.
Das sind nur einige Chancen, die mit einer Kreislaufwirtschaft verbunden sind. Aber es gibt noch zahlreiche Hindernisse auf dem Weg dahin.
Eine Analyse aus Wirtschaft, Politik und Wissenschaft
Carsten Knobel, Vorstandsvorsitzender von Henkel: „Rezyklate sind heute noch teurer als primärer Kunststoff.“ Primärer Kunststoff wird neu aus Erdöl hergestellt, während sekundärer aus rezyklierten also zurückgeführten Rohstoffen entsteht. Aber heute lässt sich mit Recycling in der chemischen Industrie noch kein Geld verdienen.
Marie-Christine von Hahn, Vize-Präsidentin Corporate Sustainability & External Affairs bei Arubis: „Wir brauchen Planbarkeit. Aber die Preise für CO2, Strom und Gas sind in Deutschland zu volatil“. Rechtliche Vorgaben etwa aus dem geplanten europäischen Lieferkettengesetz umzusetzen, erschwerten zusätzlich die Wettbewerbsfähigkeit wegen hohem Verwaltungsaufwand.
Matthias Steybe, Vize-Präsident Corporate Sustainability, Voith, zitiert eine Autorin, Julia Binder, vom IMD – St. Gallen: „To solve a problem, we need to reframe it”. Die Wirtschaft müsse mit neuen Ownership-Modellen reagieren, etwa in dem sie Produkte mehr verleiht statt verkauft.
Dr. Bettina Hoffmann, die Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesumweltministerium, BMUV, kündigt die nationale Kreislaufwirtschaftsstrategie (NWKS) der Bundesregierung an. Sie soll ab dem Sommer 2024 den Akteuren einen Rahmen und damit auch Verlässlichkeit geben.
Sybille Gabler, Mitglied der Geschäftsführung des Deutschen Instituts für Normung, DIN, erklärt, dass die Industrie auf politische Rahmensetzungen mit neuen Standards reagiert und das geschieht gemeindam mit dem DIN. Aber das braucht klare Vorgaben. „Normen sind dafür da, um Vertrauen zu schaffen, in dem Vergleichbarkeit hergestellt wird.“
Herwart Wilms, Geschäftsführer von REMONDIS, Sustainable Services: „Wir brauchen einen Preis von 180,-€ pro Tonne CO2. Dann regelt sich das von allein.“ Der Vorteil einer regenerativen Wirtschaft sei, dass man vom aufnehmenden System her denken müsse. Oder anders gesagt, vom Ende her denken. Denn eine Kreislaufwirtschaft beginne mit dem Design der Produkte. Genau darauf bezog sich auch der Untertitel Reverse Thinking der Konferenz. Das Denken dreht sich um!
Auf die Frage, was denn der Anreiz sei, diese gigantischen Investitionen und Neu-Organisationen innerhalb der Wirtschaft nun anzugehen, antwortet Herwart Wilms: „Ganz einfach. Entweder das Unternehmen hat bis 2045 ein klimaneutrales Geschäftsmodell, oder das Unternehmen hat keines mehr.“
Denn bis 2045 will die Bundesrepublik eine klimaneutrale Wirtschaft sein. Das Ziel der Treibhausgasneutralität bis 2045 ist im deutschen Klimaschutzgesetz verankert.
Ferienzeit – Reisezeit – Bahnzeit – Fehlanzeige. Die Bahn steckt in der Krise und die ist hausgemacht oder autogemacht?
Klar – Deutschland ist ein Autoland. Die größten Autobauer der Welt sind hier zuhause. Doch die öffentliche Gelder immer zuerst für neue und bessere Straßen auszugeben, ist ein Denken von gestern. Die Zukunft gehört nicht nur dem Auto, sondern einem Mobilitäts-Mix aus verschiedenen Angeboten.
Investitionen in die Bahninfrastruktur sind oberste Priorität. Denn sonst stecken wir in der Vergangenheit fest.
Warum gestatten Sie es, Herr Bundeskanzler, dass Autobahnen neu gebaut werden, auch sogenannte Teilstücke, wenn doch diese Infrastrukturmaßnahmen heute gesamtgesellschaftlich und langfristig mehr Schaden anrichten als Nutzen bringen?
Am 7.3 2023, einen Tag vor dem internationalen Frauentag, war Bundeskanzler Olaf Scholz in Cottbus zum Kanzlergespräch. Meine Frage übereichte ich ihm schriftlich mit meinem Buch als Geschenk im Anschluss an die Gesprächsrunde.
Im Buch „Projekt Klimaschutz – Was jetzt geschehen muss, um noch die Kurve zu kriegen“, S. 285-288, führe ich u.a. aus, dass so gut wie jeder Autobahnneubau in der Summe mehr Kosten für die Gesellschaft verursacht als Nutzen bringt. Nutzen haben – wenn überhaupt – nur wenigen Anrainer oder Unternehmerinnen und das auch nur vorübergehend.
Kanzler Olaf Scholz erhält mein Buch als Geschenk
Ich begrüße technischen Fortschritt, wo er vorwärtsgewandt ist und sich den neuen Umweltbedingungen stellt und Probleme wie den Klimawandel, Armut und Ungleichheit lösen hilft. Maßnahmen aus einer alten Gewohnheit heraus als technischen Fortschritt zu definieren unter heute völlig veränderten Rahmenbedingungen ist bestenfalls unnötig aber meistens schädlich, Geldverschwendung und Gemeinwohlvernichtung.
Die Bundesregierung hat von 2018 – 2020 insgesamt sieben Mrd. Euro für den Bau neuer Autobahnen investiert und im gleichen Zeitraum 148 Mio. Euro für neue Radwege (Quarks-Sendung, WDR, 2.3.2023). Die jährlich anfallenden Instandhaltungskosten für das Autobahnnetz in Deutschland belaufen sich auf etwa noch einmal die gleiche Summe bzw. ein Vielfaches davon.
Wir leisten uns ein Autobahnnetz, das überdimensioniert ist, und uns viel zu viel kostet. Gleichzeitig betreiben wir ein Schienennetz, das sowohl vom Ausbau wie von der Zuverlässigkeit den Ansprüchen einer modernen Volkswirtschaft im 21. Jahrhundert in keiner Weise gerecht wird. Wir werden dafür schon verlacht in der Welt.
Denn es müsste genau umgekehrt sein: Schiene vor Straße!
Jede neue Straße (ob Autobahnstrecke, Umgehungsstraße, Bundes- und Landstraße), genau wie jede Fahrbahnerweiterung verursachen tatsächlich mehr Verkehr statt ihn – wie gehofft – zu reduzieren. Das ist heute in den Planungs- und Ingenieurbüros Standardwissen. Um Staus zu vermeiden und Verkehr zu reduzieren, müssen Verkehrsleitplanungen mit intelligenten Steuerungen installiert werden, das sind etwa Geschwindigkeitsbegrenzungen, Überholverbote für Lkw, schmale Straßen mit Verkehrsinseln und anderen „Raser“-Hindernissen. Nur gleichmäßig fließender Verkehr verhindert Staus und schwere Verkehrsunfälle.
Durch Lärm, Erschütterung, Reifenabrieb, Stickoxide und andere Abgase, ganz zu schweigen von den Treibhausgasen, entstehen der Gesellschaft hohe Kosten heute und morgen in Form von Gesundheits- und Umweltschäden, Wertverlust von Immobilien und gestressten Anwohner*innen. Von den negativen Folgen für die Tiere und Pflanzen ganz zu schweigen. Für Tiere bedeuten die Beton- und Lärmschneisen unüberwindbare Hindernisse, um zu wandern, Nahrung zu suchen oder sich zu paaren.
Wir brauchen neue Infrastrukturen nicht aus Teer, Beton und Asphalt, sondern aus Kupfer- und Glasfaserkabel und Wasserstoff-ready Leitungen. Auch Elektroautos sind nicht die neue Individualmobilität, die wir brauchen. Sondern ein Verkehrskonzept beruhend auf ÖPNV, smarten Quartieren mit kurzen Wegstrecken sowie einem regionalen, naturnahen Tourismus, der Wertschöpfung im Land hält.
Brandenburger Tagebausee
Die heimische Natur ist neben uns Menschen der größte Wert unseres Landes. Wollen wir den Wohlstand halten, müssen wir unsere Ressourcen schonen und sinnvoll nutzen. Wie? Wälder mit klimaverträglichen Gehölzen umbauen, intelligent Wasser nutzen und sparen, Brandenburger Tagebauseen verkleinern, größere Naturräume erhalten und wieder zusammenführen und – wo es geht – Autobahnen zurückbauen. Also das genaue Gegenteil von dem, was in der Planung ist!
Wenn einmal der Bundeskanzler in die Lausitz kommt und mit den Bügerinnen und Bürgern das Gespräch sucht, dann möchte man sich schon vorbereiten. Die zufällig ausgelosten Gäste hatten ihre Frage an den Kanzler häufig auf einen Zettel geschrieben und lasen ab. Das wirkte sympathisch. Wie auch der Regierungschef selbst sympathisch und zugewandt wirkte und keiner Frage auswich.
Die Lausitz hat gute Chancen auf Wirtschaftswachstum, erklärte Olaf Scholz – mehr noch als andere Regionen. Es schien als hätte sich seine optimistische Sicht im Saal verbreitet und duldete keinen Widerspruch. Denn vom Publikum gab es kein Wort zu dem sonst heiß und immer wieder heftig diskutierten Thema eines möglichen früheren Kohleausstiegs.
Am 7. März weilte der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz in Cottbus. Er absolvierte ein ganztägiges Programm in der Stadt mit Besuchen bei Handwerker*innen, in einem Frauenzentrum und dem Rathaus. Zuletzt stellte sich der deutsche Regierungschef den Fragen der Bürgerinnen und Bürgern aus Cottbus und der Region. 150 Gäste waren ausgelost worden, rund 400 hatten sich um einen Platz beworben.
Die Medien waren da und notierten genau welche Fragen die Menschen dem Kanzler vis-à-vis stellen wollten.
Kanzler Scholz stellt sich dem Publikum Quelle Video Bundesregierung
Natürlich war es Zufall, wer nun an die Reihe kam und sich vorstellen und dann seine Fragen an den Kanzler richten durfte. Die Moderatorin Juliane Sönnichsen hatte die Auswahl und nahm geschätzt etwas mehr Frauen als Männer dran. Leider keine aus der Generation der unter Zwanzigjährigen, weil die fast nicht vertreten waren.
Die meisten Fragen kamen aus dem Bereich Rente und Ärzteversorgung. Eine zur Ukraine und die behandelte der Kanzler dann so ausführlich, dass nur eine weitere zu dem Komplex folgten, wobei es da aber nicht um die generelle Ausrichtung der Bundesregierung ging sondern eher darum, ob unsere Wirtschaft mehr und mehr auf Rüstung umstellen würde. Ja – zwangsläufig, war die Antwort. Manche Fragestellerin nahm viel Raum ein und beschwerte sich als Kommunalpolitikerin von zu wenig Unterstützung aus der Bundespolitik, was auch immer sie damit meinte, blieb für mich zumindest offen. Mehr Geld? Mehr Besuche in der Stadtverordnetenversammlung oder auf den Marktplätzen?
Es ist sowieso erstaunlich, dass bei dem Terminkalender des Kanzlers, diese Bürgergespräche nicht unter den Tisch fallen. Mehrere Fragen betrafen die Ungerechtigkeit zwischen der Absicherung im Alter zwischen Beamt*innen und Rentner*innen. „Da müssen Sie sich bei Bismarck beschweren“, läutete Olaf Scholz seine Antwort ein. Aber eine generelle Änderung dieser Zweiteilung in der Altersabsicherung sei nicht geplant. Kritik zum Ärztemangel konnte er mit gleich mehreren Hinweisen auf die geplante Einrichtung einer Universitätsmedizin in Cottbus leicht abräumen.
Aufmerksame Zuhörer*innen Anja Paumen, Rüdiger Albert Quelle Video Bundesregierung
Einige Fragen kamen auch aus dem sozialen Bereich, wie Kindergrundsicherung oder Leistungen des Arbeitsamtes. Eine Bürgerin, die selbst in dem Bereich der Leistungszuteilungen arbeitet, mahnte, dass ihrer Meinung nach die Eigenverantwortung bei einigen Mitbürger*innen verlorengehe, wenn es doch so einfach ist, sich finanzielle Unterstützung vom Staat zu holen. Die Antwort von Olaf Scholz war, es könne auch einmal passieren, dass sie selbst darauf angewiesen wäre und für solche Fälle wären die Hilfen des Staates. Sie sollten jeden Einzelnen wieder in die Lage versetzen, schließlich wieder für sich selbst zu sorgen.
EINE, tatsächlich eine einzige kam aus dem Themenbereich Umwelt- und Klimaschutz. Es ging um den Kiesabbau in Mühlberg, einer Gemeinde in Elber-Elster. Die Bewohnerin sagte, man sei mittlerweile eingekreist vom der Kiesgrube und sie solle noch erweitert werden. Die Antwort des Kanzlers: „Wenn Ihre Tochter eine neue Wohnung bezieht, dann muss der Kies irgendwo herkommen.“ Das war nicht befriedigend für die Bürgerin, wie sie später sagte. Aber der Kanzler hatte da meiner Meinung nach den Finger in die Wunde gelegt. Unsere Ansprüche an ein gutes Leben stehen auf der einen Seite und auf der anderen Seite, die Umweltschäden, die mit der Befriedigung dieser Wünsche zwangsläufig entstehen.
Das Kanzlergespräch in Cottbus war das sechste dieser Art der neuen Bundesregierung. Zuvor war er u.a. in Marburg, Essen und Gifhorn. Pro Bundesland gibt es eines dieser Art. Alle Kanzlergespräche werden von der Bundesregierung auf der Internetseite zum Nachschauen angeboten. Dasjenige aus Cottbus in voller Länge von rund 1,5 Stunden ist hier verlinkt.